Hohe Scheinwerfermasten werfen gelbes Licht auf den Kai des Fährhafens von Bari. Die Lastwagen, die auf Einfahrt zur Fähre nach Albanien warten, werfen eine lange Reihe von Schatten auf den rauhen Beton. Die laufenden Motoren unterlegen die leichte Brandung des Wasser mit einem konstanten, dumpfen Brummen. Immer wieder durchbrechen laute Rufe die Nacht und das schrille, metallisches Krachen, wenn ein Lastwagen die Rampe in den düsteren Bauch der Fähre hinauf fährt, in das höllische, stickige Kesselhaus unseres Konsums. Die Anweiser gestikulieren hektisch und zerschneiden den Abend mit energischen, kreisenden Bewegungen. Die Rampe ist steil, das Gefälle beträgt zehn Grad oder mehr, und teilt sich in drei Auffahrten, deren mittlere noch einmal drei Räume mit langen Spuren aufspannt. Die LKW müssen rückwärts einfahren. Ungläubig starre ich eine Stunde lang in das Treiben und schüttele immer wieder unmerklich den Kopf. Ein blauer LKW mit einem skizzenhaft gezeichnetem Hund und roter Nase fährt an uns vorüber mit der Aufschrift Debrunner Acifer, der schweizerische Teil jenes Unternehmens, in dessen Büros in Berlin ich die letzten zwei Jahre verbracht hatte und dem ich einen Großteil der Ressourcen für diese Reise verdanke.
Die Ad Francesca ist ein Biest, riesengroß, mit blauem Rumpf und weißen Seiten. Tausende Fenster starren grimmig nach außen. Die Fähren, die zwischen Dover und Calais verkehren, waren moderner konstruiert. Man fuhr am einen Ende des Ärmelkanals in den Schlund des Schiffes ein und geradeaus am Heck wieder heraus, auf der jeweils anderen Seite, in England oder Frankreich.
Hier quält sich ein riesiges Gefährt nach dem anderen die schmale Auffahrt hinauf. Mohammed, dem Aussehen nach der Sohn nordafrikanischer Einwanderer nach Italien, vielleicht ist er auch erst selbst gekommen, ohne den im Höllenschlund der Fähre nichts mehr funktionieren würde, gibt die Anweisungen. Ich schätze ihn auf knapp über dreißig Jahre, etwa mein Alter, und doch komme ich mir vor wie ein naives Kind, als ich ihm dabei zusehe, wie er das bedrohliche, rauhe, laute Chaos orchestriert, so geschickt wie ein Dirigent das Orchester, auf dem Höhepunkts seines Könnens. Zwischen den Fährwänden und den großen Trucks bleiben keine 20 Zentimeter Luft. Der Raum ist eng kalkuliert. Wir bekommen eine kleine Lücke zwischen zwei großen Vierzigtonnern zugewiesen, und als ich nicht im ersten Anlauf richtig einparke, werde ich von ihm harsch zurecht gewiesen. Er bewegt mit einem Hauch Genervtheit und doch so ruhig wie notwendig das imaginäre Lenkrad durch die Luft und signalisiert mir, wie ich den Van weiter in die Lücke schiebe, ohne noch einmal neu anzusetzen, denn dafür bleibt keine Zeit. Der nächste Dreiachser quält sich rückwärts die Rampe hinauf und schiebt seinen Anhänger in unseren Raum, die Spur gleich neben uns nach hinten, auf der wir gerade noch mit einem Teil des Wagens stehen. Und auch er bekommt die harschen Anweisungen zu spüren, als er nicht gleich passgenau entlang der gelben Linien stehen bleibt. Der tonnenschwere Laster erinnert mich an Schildkröten, die Ihre Hälse verbiegen, aber der Rumpf bleibt beinahe starr. Das Führerhaus schwankt bedrohlich, als der Fahrer auf einen schrillen Ruf oder das Horn des hinter ihm stehenden Lastwagens abrupt abbremst. Auch im Rückblick fasse ich es kaum, wie diese rauhen Männer ihre gigantisch großen Maschinen so exakt rückwärts navigieren. Bei manchen von ihnen bleiben auch Mohammed und die anderen Einweiser still, die Gefährte gleiten dann langsam und wie auf Schienen an die zugewiesene Stelle.