Die Landschaft war karg und unwirtlich wie die Landschaft in Deutschland im Januar. Alle Farben waren gegangen, geblieben waren nur die Brauntöne der herabgefallenen Blätter im Regen. Die Bäume ragten kahl und grau in den weißen Himmel. Laut dem Radiowecker, den Mobiltelefonen und der Länge der Tage hätte es Sommer sein müssen, doch die modrigen Blätter der Buchen und Eichen knirschten unter den Schuhsohlen wegen der überfrorenen Nässe.
Die Pandemie zog seit mehr als zwei Jahren landauf und landab. In den Städten hatten die Behörden Ausgangssperren verhängt, geholfen hatte es wenig. Seit den Pandemien des Mittelalters, die auch hier, entlang der alten Salzhandelsroute, gewütet hatten, hatte sich wenig verändert. Mit Ausnahme der Spitzenforschung. Jahrhunderte nach der Pest, den Pocken, Typhus, dem Fleckfieber und der Cholera war sie so hochentwickelt, dass die Forscher in kurzer Zeit mRNA-Impfstoffe gegen das Virus entwickeln konnten. Geholfen hatte es nicht. Die probabilistische Wesenart der Welt war der Gesellschaft nicht begreifbar, Desinformation untergrub den Fortschritt und das Virus mutierte. Zu Beginn hatten wir die Meldung der geheimnisvollen Lungenkrankheit in China noch kaum bemerkt, wie gewöhnlich würde es uns genauso wenig betreffen wie die Vogel- und die Schweinegrippe, ZIKA, MERS und Ebola. Es folgte die große Verirrung. Dann blieb uns die Freiheit im Halse stecken.