Im Erdgeschoss unseres Wohnhauses befindet sich ein Blumenladen wie kein anderer. Die Fassade ist mit dunkel angestrichenem, wettergegerbten Holz verkleidet, die dunkelgrünen Markisen reichen über den Bürgersteig. Im Halbkreis um den Eingang stehen auf zahlreichen alten Tischen und Stühlen die Blumen und Pflanzen, sorgfältig aufgereiht und aufeinander abgestimmt. Eine Baumscheibe unterbricht die Reihe von vertikal zum Bordstein geparkten Autos, dahinter rauschen vereinzelte Fahrzeuge über das Kopfsteinpflaster der Straße. Ein kleiner Zaun mit feinen Verzierungen umgibt die Baumscheibe, durch ein Tor erreicht man eine hölzerne Bank mit einem Rankbogen, Efeu wächst von dort weiter den Stamm des hohen Baumes hinauf. Regelmäßig kreuzen Fußgänger und Fahrräder den Bürgersteig. Am Rande der vor dem Laden im Halbkreis stehenden Blumen und Pflanzen, beinahe schon im Hauseingang des Nachbarhauses, im Halbschatten der Markisen und Bäume steht ein kleiner, weiß angestrichener Schaukelstuhl mit einem an der Lehne befestigten Sonnenschirm. Im Nebenraum verkaufen sie im Winter Lebkuchen, im Winter fällt das warme Licht von innen auf den Bürgersteig, auf dem heute im Sommer das Leben in der Stadt […]

 

Ein Stück weit die Straße hinunter: Kaum merklich hebt  der Wind an und hebt die Äste der Bäume und die Blätter. Als die Windböe näher kommt, richtet auch der Baum mir gegenüber seinen Blick auf. Im gleichen Moment durchfährt ein Zittern die Blätter der Blumen und Pflanzen neben mir. Ich schließe die Augen, ohne dabei die Augen zu schließen. Die vorbeifahrenden Autos, deren Lärm das sanfte Heben und Fallen der Blätter unhörbar und unsichtbar machen würden, sind in die Ferne gerückt, als läge die Straße nicht fünf, sondern fünfundreißig Meter entfernt. Die Gespräche der Passanten sind ebenso weit entfernt, obwohl sie keine 2 Meter weit an mir vorüber laufen. Ich schwebe im Schaukelstuhl und sehe mich inmitten der Passanten und Bäume und Pflanzen vor dem Blumenladen und das bliebe mir sonst verborgen. Der Tanz der Blätter in den Baumwipfeln bliebe mir sonst verborgen. Das Wiegen der Äste bliebe mir sonst verborgen. Die immerwährenden Bewegungen an den Tischen des Restaurant nebenan blieben mir sonst verborgen. Die Gang der Menschen, die erst die Fersen auf den Bürgersteig setzen und dann über den Fuß bis zu den Zehen abrollen, blieben mir sonst verborgen. Die Gespräche, die ich nicht höre, blieben mir sonst verborgen. Das Fahrrad, das lautlos an mir vorüberzieht, bliebe mir sonst verborgen. Die Musik, die anderen Menschen, der Wind, die Wärme der Sonne, das Verstreichen der Zeit, sonst aufgelöst im Stakkato der Stadt, blieben mir sonst verborgen.

Soundtrack zur Metaphysik von Noise-Cancelling-Kopfhörern

  • The Nationals Peggy-O  zum sich immer wieder erhebenden Rhytmus der Blätter
  • Dreh Dich nicht um von Gisbert Zu Knyphausen für die Passanten
  • Lamberts Stay In The Dark als stille Anerkennung des im Verborgenen liegende
  • Teho Teardo & Blixa Bargelds A Quiet Life den gefalteten Händen und dem Wiegen im Schaukelstuhl
  • Voyage Voyage von Soap & Skin zur Reise der Gedanken

 

Noise-Cancelling Kophörer FTW