Manche Dinge muss man tun, um sie getan zu haben. Würde Kai diese Geschichte erzählen, dann würde er sagen, dass es genau darum geht, bei diesen Erfahrungen. Danach fühle man sich lebendig und großartig, es seien die besten Geschichten. Jene, an die wir uns erinnern und die wir am liebsten zum Besten geben. Von Durchschnitt erzähle keiner. Nun geht dieses Erlebnis jedoch durch meine Hände und ich lebe weniger für den Ruhm und die Erzählung. Ich lebe für das Leben.
Beginnen wir also mit einer Wahrheit. Oft fragen uns die Menschen, wie es geht, dieses Leben auf engem Raum, mit der immer gleichen Person vor der Nase. Ich glaube, es lebt von den Unterschieden, die in der Summe auf einen gleichen Horizont hinauslaufen. Am Ende des Tages, das ist die Kunst, stehen wir als Team stärker da und wissen es. Sehen in den Augen des anderen die Version unserer selbst, die wir sein möchten. Auch wenn auf dem Weg dorthin schon mal die Steine rollen. So wie an jenem 23.08.2017, als wir uns Abends in den Armen lagen und darüber freuten, noch an einem Stück und am Leben zu sein.
Als wir zur schlimmsten Wanderung unseres Lebens aufbrachen
Alles begann mit dem Wunsch nach einer Wanderung. Während Kai unter freiem Himmel ein hervorragender Navigator ist, schlage ich ihn bei der Orientierung im Web, wenn es um notwendige Recherchen geht. Aus Gründen, die uns mittlerweile entfallen sind, war es trotzdem er, der enthusiastisch auf die Suche nach einer Wanderung für unseren letzten Nationalpark in Schottland ging. Der Cairngorms National Park – auf gällisch Üghdarras Pàirc Nàiseanta a‘ Mhonaidh Ruaid – ist der größte der fünfzehn Nationalparks des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland. Flächenmäßig beträgt er 3.800 km², viel Platz für zwei Reisende mit der Lust etwas zu entdecken. „Ich weiß, was wir morgen machen! Der Track ist perfekt: um den See, vorbei an einer Ruine, dann hoch auf den Berg, entlang des Kamms und an der anderen Seite wieder runter“, tönte es unter der Lichterkette des Vans auf dem Schulparkplatz, der unser Nachtlager darstellte.
Ich stellte die Entscheidung nicht so sehr in frage, weil man manche Dinge eben besser nicht so sehr in Frage stellt und nickte bloß in der Hoffnung, dass dieser Online-Fund uns nicht in irgendeinen Abgrund führen würde, auf dem Kai dann übermütig tanzen, während mein Kopf den Notfall-Modus abspielen würde (heißt: so ruhig erlebt man mich wirklich nur in Krisensituationen). Der Tag sollte mich lehren, dass auch Kais Abenteuerdurst irgendwann versiegt.
1 comment
Wow, was für eine Geschichte! Da muss ich Kai zustimmen :p. Ein ähnliche Situation hatten wir vor kurzem im Harz. Eine eigentlich lockere Rundwanderung um einen See, leider total zugeschneit. Irgendwann sollte man eigentlich über einen Steg laufen, die Spuren unserer Vorgänger führten jedoch teilweise über den gefrorenen See durch kniehohen Schnee & dazu kam die einsetzende Dunkelheit. War auch nicht lustig!